Haben Sie sich auch schon häufig gefragt, warum QM eigentlich in diesem Ausmaß betrieben werden muss? Und haben Sie auch oft das Gefühl, dass es mehr Zeit und Geld schluckt als einbringt?
Genau diese Gedanken und Aussagen begegnen mir in meinem Alltag als Qualitätsmangerin in den Zahnarztpraxen immer wieder. Die Praxisleitung macht sich Gedanken über die Kosten und den Nutzen und die Mitarbeiter stöhnen über den Umfang und den mangelhaften Durchblick im QM-Dschungel.
Zumindest ist das der Fall, wenn Prozesse noch nicht optimal erfasst und integriert sind.
Als ich mein erstes QM-System aufbaute, habe ich mich selbst gefragt, wie ich zum einen das Thema Kosten und Nutzen auf den Punkt bringen kann und zum anderen die
Abläufe und Prozesse so gestalte, dass diese verständlich und gut im Alltag integrierbar sind. Dafür muss man die einzelnen Qualitäts- und Prozessbereiche, die Möglichkeit der Messbarkeit
und den Unterschied von Pflicht und Kür erstmal erkennen und verstehen.
Beispiele und Unterschiede von Qualitätsarten
Qualität ist eben nicht gleich Qualität!
Es gibt den Begriff der technischen Qualität. Das betrifft die Beschaffenheit messbarer, technischer und objektiver Merkmale. Zum leichteren Verständnis ein Beispiel. Unter die technische Qualität fällt die Validierung unserer Aufbereitungsgeräte oder der Prozesse der Instrumentenaufbereitung, von der Anlieferung bis hin zu Freigabe. Diese Qualität kann ganz leicht durch gezielte Vorgaben geprüft werden. Parameter für solche Prozesse sind:
* Die Herstellervorgabe zwecks Aufbereitung, gegenüber der tatsächlichen Umsetzung.
* Die Vorgaben von Druck, Haltezeit und Temperatur bei der Sterilisation oder Desinfektion, gegenüber der tatsächlichen Geräteleistung pro Zyklus.
* Behandlungsvorgaben wie vollständige Entfernung von Zahnstein bei der Professionellen Zahnreinigung.
Kommt es bei diesen Vorgaben zu Abweichungen, können diese klar gemessen werden.
Als nächstes haben wir die patientenorientierte Qualität. Hierbei geht es um die Anforderungen der Patienten. Um hohe Qualität zu erreichen, müssen die Patientenwünsche erfüllt werden. Nun hat aber jeder Patient unterschiedliche Anforderungen. Bei dem einen Patient sind 30 Minuten Wartezeit kein Problem. Die Patienten freuen sich über die Lesezeit im Wartezimmer. Andere fangen nach 5 Minuten im Wartezimmer schon an, mit den Hufen zu scharren. Hier ist es schwer eine einheitliche Messgröße zu definieren. Die patientenorientierte Qualität hängt oftmals von vielen Faktoren ab, wie Praxisimage, Marketing, bisherige Behandlungserfahrungen usw. Diese Punkte sind objektiv nicht messbar, da sie zu unterschiedlich ausfallen. Der gleiche Fall stellt auch die mitarbeiterorientierte Qualität dar. Jeder Mitarbeiter, jede Mitarbeiterin stellt andere Anforderungen an die eigenen Bedürfnisse und den Arbeitsplatz. Auch diese sind nicht objektiv greifbar. Dennoch sind diese Punkte entscheidend für den Praxiserfolg und haben indirekt Auswirkung auf den wirtschaftlichen Erfolg.
Wie unterscheiden sich die Qualitätsarten nun in den Kosten und den Gewinnen?
Viele Praxen gehen davon aus, dass die Einführung und Umsetzung eines QM-Systems mit stetig höheren Kosten verbunden ist. Doch das muss nicht sein. Denn durch Qualitäts- und Prozessverbesserungen lassen sich Kosten einsparen und Gewinne optimieren. Die stetige Kontrolle und Verbesserung übernimmt das Controlling in der Praxis. Dabei sollte die Wirtschaftlichkeit und Effektivität einen hohen Stellenwert haben.
In diesem Zusammenhang ist es notwendig, die unterschiedlichen Posten, welche Kosten verursachen oder auch Kosten senken, genau zu kennen und unter die Lupe zu nehmen.
Diese unterteilen sich wie folgt:
* Fehlerverhütungskosten
Hierunter fallen beispielsweise alle Anforderungen seitens des Gesetzgebers. Das betrifft die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems, mit dem Fokus des Aufbaus eines Hygienemanagementsystems, einem Risikomanagement, der Sicherstellung der internen Kommunikation durch dokumentierte Teamsitzungen oder die Vorgabe alle relevanten Prozesse genau zu dokumentieren (Behandlungsvorbereitungen, Verwaltungsprozesse etc.). Auch die Anforderungen regelmäßig Fortbildungen zu besuchen, wie die Aktualisierung des Röntgenscheins, regelmäßig zur betrieblichen Vorsorgeuntersuchung zu gehen, die Arbeitszeiten zu dokumentieren nach dem Arbeitsschutzgesetz und dem Arbeitszeitgesetz oder die Gerätewartungen und Validierungen durchzuführen, nach der Medizinproduktebetreiberverordnung.
All diese Anforderungen bringen uns keinen messbaren Umsatz. Im Gegenteil, sie verursachen jährlich eine Reihe an Fortbildungskosten, Technikerkosten und Arbeitszeit, die nicht am Patient verbracht wird. Allerdings dienen diese ganzen Maßnahmen dazu, Fehler und Gefahren zu senken, im Idealfall sogar ganz zu vermeiden. Das wiederum vermeidet Kosten, welche entstehen würden, wenn die Gefahren Realität werden.
Leider können wir nicht sehen, was überhaupt passieren würde ohne diese Vorschriften und wie sich das im Gegenzug zu den jetzigen Kosten auswirken würde.
Alleine die Kosten für einen Mitarbeiterwechsel belaufen sich nach Statistik auf Durchschnittlich 14.900 € *Quellenhinweis. Ein interessanter Artikel dazu ist in der ZWP-Online entstanden.
Ein Krankheitstag pro Mitarbeiter kostet im Schnitt 125€. Fallen durch die Fehltage noch Behandlungen wie PZR aus, kommen die Umsatzverluste noch oben drauf.
Die Reparatur eines Winkelstücks durch mangelhafte Pflege beträgt ca. 250 € pro Stück.
Material, welches durch mangelhafte Lagerhaltung abläuft und entsorgt wird, kann schnell einige hundert Euro im Jahr kosten.
Die Frage ist nun, was passiert wenn wir die Pflichtanforderungen nicht umsetzen?
Werden solche Anforderungen nicht umgesetzt, kann es bei Rechtsfragen oder Versicherungsfragen schnell zu kostspieligen Problemen kommen. Auch Ausfall von Mitarbeitern oder Patienten kann die Folge sein, wenn diese auf Grund von einem Betriebsunfall oder fahrlässigem Handeln ausfallen.
*Prüfkosten
Prüfkosten entstehen für die Beurteilung der Erfüllung von Qualitätsanforderungen und sollen die Weiterverarbeitung von fehlerhaften Prozessen oder Produkten vermeiden. Das ist der Fall, wenn wir Prozesse durch Audits (also der Vergleich von Ist- und Soll) prüfen oder die Geräte durch Wartungen und Validierungen geprüft und gepflegt werden. Prüfen wir Prozesse oder Geräte nicht, sparen wir zwar Kosten im ersten Moment ein, im Gegenzug kann es aber zu erhöhter Fehlerquote führen und zu Geräteschäden.
Das ist vergleichbar mit einem Auto. Wenn wir ein Auto nur kaufen und fahren, aber alle weitern Kosten wie Pflege in der Waschanlage, Reifenwechsel und Inspektion weg lassen, wird unser Auto deutlich schneller kaputt gehen und wir verlieren zudem die Straßentauglichkeit. Davon abgesehen, dass wir nach einer gewissen Zeit deutliche Qualitätseinbusen hinnehmen müssen. Den gleichen Vergleich können wir auch mit unseren Zähnen erstellen. Wir predigen täglich unseren Patienten, dass sie doch bitte zum Check-UP und zur Professionellen Zahnreinigung kommen sollen, damit Ihre Zähne langfristig halten. Das spart teure Behandlungskosten und erhöht die Kau- und Wohlfühlqualität. Genau so ist es auch mit dem Qualitäts- und Prozessmangement.
*Fehlerkosten
Diese entstehen bei mangelhafter Erfüllung von Qualitätsanforderungen. Das klingt jetzt nach QM-Fachchinesisch. Einfach übersetzt bedeutet das, wer die Vorgaben nicht genau kennt und umsetzt, verursacht Fehler. Diese können durch unterschiedliche Ursachen entstehen und auch unterschiedliche Auswirkungen haben. Ursachen können sein: Wissensmangel, mangelhafte Absprachen, mangelnde Motivation und Flüchtigkeit, Fehlfunktionen von Geräten usw. Die Auswirkungen können kostenintensiv und deutlich spürbar sein oder auch kaum ins Gewicht fallen.
Fehlerkosten können nur gesenkt und vermieden werden, wenn sie auch sichtbar gemacht und dokumentiert werden. Das kostet im ersten Moment zwar wieder Zeit und Geld, was nicht direkt am Patient eingesetzt wird, dennoch können so Fehlerkosten sichtbar gemacht und reduziert werden. Das bedeutet aber nicht, dass die Kostensenkung den Aufwand ausgleicht. Fakt ist, dass der Kostenaufwand lange Zeit höher ist als der Gewinn dadurch.
Die entscheidende Frage ist jedoch, welchen Mehrwert bringt die Senkung von Fehlern, bei ganzheitlicher Betrachtung der Praxis. Stichwort Praxisimage, Steigerung der Patienten- und Mitarbeiterzufriedenheit, Verbesserung des Zeitmanagements, Senkung von Überstunden etc.
Somit stehen die verschiedenen Kostenarten in einem engen Zusammenhang.
*https://www.karriere.at/blog/fluktuationskosten-studie.html
Fazit zu Qualitätskosten und dessen Nutzen
Der potentielle Nutzen von QM und Prozessmanagement ist vielfältig.
Finanzielle Auswirkungen ergeben sich aus der Steigerung der Einnahmen und der Senkung der Kosten.
Dies gelingt durch Prüf- und Kontrollvorgänge, Optimierung von Lager- und Materialbeständen, Steigerung der Mitarbeiter- und Patientenzufriedenheit, Optimierung der Dokumentation und Abrechnung, richtige Pflege der Geräte und Materialien, Senkung von Beschwerden und Fehlern, eine Verbesserung der Außenwirkung durch Marketing, Optimierung des Behandlungsportfolios und des Patientenbestellwesens, Senkung von Nacharbeiten bei mangelhafter Qualität in der Behandlung.
Nicht finanzielle Auswirkungen zeigen sich durch Zeiteinsparung
Beispielsweise durch die Digitalisierung von Prozessen, Vermeidung von Nacharbeiten, Abbau von Kontrollen, da die Prozessqualität gesteigert wird, Reduktion von Wartezeiten für den Patient, Reduktion von Überstunden durch ein besseres Zeitmanagement. Positiv wirkt sich zudem die Kundenbindung, die Mitarbeitermotivation und die gute Lieferantenbeziehungen, wie zum Labor oder zu dem Dentaldepot, aus.
Sie haben es selbst in der Hand wie hoch ihre Qualität in der Praxis sein soll und welchen Preis Sie dafür bezahlen möchten.
Aber eins ist klar, ein erfolgreiches Qualitätsmanagementsystem und die Optimierung einzelner Prozesse gelingt nur, wenn alle Praxismitglieder in einem Boot sitzen und in eine Richtung rudern!
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung!
Möchten Sie Ihre Prozesse und ihr QM optimieren?
Gerne bin ich für Sie da und unterstütze Sie dabei!
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* Das Einzugsgebiet für die persönliche Betreuung gilt für den südbadischen Raum Freiburg, Bodensee, Stuttgart, Ostschweiz.